In den Bergen (4)
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  • AutorenbildChristian Urech

In den Bergen (4)


Ummmmmm...

Company always on the run

Destiny is a rising sun

Oh...

I was born 6 gun in my hand

Behind a gun

I'll make my final stand... hey

That's why they call me

Gesellschaft auf der Flucht

Das Schicksal ist eine aufgehende Sonne

Ich wurde geboren mit sechs Gewehren in meiner Hand

Hinter einem Gewehr

leiste ich meinen letzten Widerstand

Deshalb nennen sie mich

Bad company

And I can't deny

Bad company

Till the day I die, oh

Till the day I die

Till the day I die

Schlechte Gesellschaft

Und ich kann es nicht bestreiten

Schlechte Gesellschaft

Bis zum Tag

an dem ich sterbe

Rebel souls

Deserters we are called

Chose a gun

And threw away the sun...

Now these towns

They all know our name

6 gun sound is our claim to fame...

I can hear them say

Rebellische Seelen

Fahnenflüchtige werden wir genannt

Wählten ein Gewehr

Und warfen die Sonne weg…

Nun kennen alle diese Städte

unseren Namen

Der Klang von sechs Gewehren ist unser Anspruch auf Ruhm

Kann ich sie sagen hören

Bad company

And I won't deny...

Bad, bad company

Till the day I die...

Oh, yeah

Till the day I die

Ooh, ooh, ooh...

Hey, hey, hey

Bad company

I can't deny...

Bad company

Till the day I die...

And I say it's

Bad company

Oh yeah, yeah, yeah

Bad company

Till the day I die...

Oh, yeah

Tell me that you are not a thief

Oh, but I am

Bad company

It's the way I play

Dirty for dirty

Oh

Somebody double crossed me

Double cross double cross

Sag mir, dass du kein Dieb bist

Aber ich bin einer

Schlechte Gesellschaft

ist die Art und Weise, wie ich das Spiel spiele

Auge um Auge, Zahn um Zahn

Jemand spielt ein falsches Spiel mit mir

Falsches Spiel, falsches Spiel

Yeah we're bad company

Killed in cold blood

Ja, wir sind schlechte Gesellschaft

Kaltblütig ermordet

Also gut, ich wurde zu einem Gangster, einem Ganoven. Ich fing klein an, mit Taschendiebstählen, kleinen Drogendealereien, ging dann über zu Raubüberfällen und Auftragsdelikten. Ich lernte schnell. Ich wollte in dieser Phase meines Lebens nichts anderes als Geld machen. Geld, das wars. Wer Geld hat, ist was. Wer kein Geld hat, ist ein Niemand. Um Demütigungen zu entgehen, muss man Macht haben, und um Macht zu haben, muss man Geld haben. Ohne Geld bist du ein Niemand, ein Arschloch. Und wenn du keine reiche Verwandtschaft hast und trotzdem Geld haben willst, bleibt dir nichts anderes übrig, als dich in schlechte Gesellschaft zu begeben.

Als dummer Kleinkrimineller steckt man dich bald mal ins Gefängnis und da wirst du zum definitiven Loser. Es gibt nichts Schlimmeres oder Tragischeres als einen dummen Kriminellen. Schliesslich landet er, das ist die wahrscheinlichste Option, als Dauergast in einem Knast, wo er sich zum unselbständigen Kind zurückentwickelt, zum Gegenteil des Rebellen, der er einmal sein wollte, oder unter der Brücke als Penner, oder er bringt sich um, indem er sich mit billigem Fusel zu Tode säuft oder sich irgendwann in einem Moment plötzlicher Kühnheit von einer Brücke stürzt. Ein etwas cleverer Krimineller, wie ich es war, wollte natürlich Karriere machen. Das braucht Härte und Brutalität. Ich hatte weder das eine noch das andere, aber ich hatte meine Wut, meinen Hass. Diese starken negativen Gefühle nutzte ich als Treibstoff. Ich hasste im Grunde nicht die Menschen, sondern meine Geschichte, ich hasste die Umstände, die mich zu dem gemacht hatten, was ich war. Im Grunde hasste ich mich selbst, aber das wurde mir erst viel später klar.

Ich suchte mir sogenannte Freunde. «Schlechte Freunde». Wobei, so schlecht waren sie gar nicht, innerhalb der Organisation herrschte eine mustergültige Loyalität. Gegen «aussen», gegen unsere «Feinde», waren wir dagegen gnadenlos. Das Leben eines Freundes gilt alles. Das Leben eines Feindes gilt nichts. Das ist das Gesetz des Krieges. Und im Krieg befanden wir uns permanent. Die Feinde waren einerseits unsere Konkurrenten, andererseits die sogenannte Ordnungsmacht, die Polizei, das Militär, die Behörden, der Staat. Damals befand sich die Gesellschaft in einem Zustand des harten Bruchs: Die Zivilgesellschaft existierte praktisch nicht mehr, die Reichen verschanzten sich in ihren Ghettos, der Staat war zu einem Staat im Staat geworden, zu einer gnadenlosen Machtmaschinerie, die die «eigene Bevölkerung» bekämpfte zum eigenen Machterhalt und zum Erhalt der eigenen Pfründe, oder zu einem Lakaien der Elite der Reichen. Und alle bekämpften alle. Alle bekämpften alle mit der Mission, Macht und Geld – oder Geld und Macht – zu erringen. Ich funktionierte wie ein Roboter, das Glück sagte mir nichts. Ich strebte nicht nach Glück, ich wollte überleben und Macht und Geld gewinnen. Manchmal belohnte ich mich mit ein bisschen gekauftem Sex, mit Alkohol und anderen Drogen, mit Adrenalin, dass ich in extremen Grenzerfahrungen zu erzwingen versuchte. Wir nannten es «russisch Roulette», in Anklang an ein Vergnügen ähnlicher Art aus vergangenen Zeiten. Wir sprangen von Klippen in kaum erreichbare, tief unter uns liegende Tümpel, oder indem wir uns in die Bordelle gegnerischer Banden wagten und deren Favoritinnen vögelten, oder indem wir völlig nackt durch einen Wald gingen, der voll war von giftigen Schlangen, Skorpionen und Insekten, die die schlimmsten Krankheiten übertragen können. Wir waren verrückt, denn wir wussten nichts vom Glück. Wir hatten kein Glück, keine Liebe, keine Moral und keinen Respekt. Wir waren die schlimmsten Kerle dieser Erde mit keinem Funken Hoffnung im Hirn auf eine bessere Zukunft. Oder überhaupt auf eine Zukunft.

Zu jener Zeit lebte ich mit einem Mann zusammen, den ich begehrte, aber nicht zu lieben vermochte. Dazu war ich zu hart, zu brutal, zu tot. Ein Zombie. Ich liebte diesen Kerl nicht, ich konnte ihn nicht lieben, aber er ging mit nahe, er machte mir schwer zu schaffen. Ich kriegte ihn nicht aus meinem Kopf und meinem System. Und weil ich ihn, weil er mich beschäftigte, irritierte, hasste ich ihn. Ich behandelte ihn wie einen Sklaven. Er hiess Natem, er war ein südamerikanischer Indianer, ein wunderbarer Mensch, sanft, intelligent, sehr einfühlsam. Aber leider auch sehr verführbar durch solche Monster wie mich. Ich weiss nicht, was ihn an mich band. Vielleicht die Einsicht, dass seine Welt nur die eine Seite der Medaille war, und die eine Seite genügte ihm eben nicht. Ein intelligenter Mensch ist ein neugieriger Mensch, und das wird ihn immer wieder in die Bredouille bringen. Neugier tötet die Katze, wie das Sprichwort sagt. Vielleicht glaubte er insgeheim, mich «retten» zu wollen, was aber definitiv ein Trugschluss gewesen wäre. Oder er reagierte einfach auf eine Art Magnetismus, der zwischen zwei unterschiedlichen Polen herrscht, metaphorisch gesprochen. Nicht zuletzt reagierte er auf mich, weil er schwul war und ich ein verdammt gut aussehender Mann.

Ich gebe es zu, ich brachte ihn schliesslich dazu, ebenfalls in mein Geschäft einzusteigen. Ich war inzwischen mittleres Kader im Drogenhandel, es liess sich viel Geld mit Drogen dieser Art verdienen – synthetischen, chemischen Drogen, die der Leistungssteigerung und der Gefühlsabtötung dienten und natürlich, um überhaupt wirksam zu sein, eine kräftigen Stimulierung des Lustzentrums im Hirn bewirkten. Auf dieser Stufe des Drogenhandels gab es viel Konkurrenz, Revierkämpfe, Kämpfe mit den Ordnungskräften des Staates und mit extremistischen ausserparlamentarischen Politgruppierungen, die den Drogenhandel für ihre Ziele zu nutzen versuchten. Unser tägliches Geschäft war also nicht nur der Ein- und Verkauf von Drogen, sondern bestand auch aus Bestechung, Entführungen, Folterungen, Morden. Man kann es sich schlimm genug gar nicht vorstellen. Aber ich war stolz auf die gesellschaftliche Stellung, die ich mir errungen hatte. Ich war jemand – ich war nicht der Pate, der Godfather, der Boss, bei weitem nicht, aber ich war auch nicht bloss der Laufbursche, sondern besass eine Villa in einem mittelamerikanischen Land, Wohnungen in verschiedenen Weltgegenden und eine stattliche Flotte von relativ teuren Autos, und ich besass Macht. Gewiss, nur geliehene Macht, Macht auf Abruf, aber das liess sich leicht verdrängen. Einen Privatjet oder Helikopter besass ich zwar nicht – noch nicht –, aber ich konnte es mit immerhin leisten, First Class zu fliegen.

Mein «Partner» – er war nicht mein Partner, eher mein Sklave, aber das hätte ich nie zugegeben – war von diesem Lebensstil gewissermassen widerwillig angezogen. Obwohl seine Seele dem Materiellen absolut nicht zugewandt war, wollte er wissen, wie die Welt im Luxusbereich funktioniert. «Ich muss alles ausprobieren», pflegte er zu erklären, «sonst kann ich das Ganze nicht überblicken.» Das war vielleicht naiv gedacht, entsprang aber einem ehrlichen Impuls. Und ich nutzte diesen Impuls gnadenlos aus. Ich betraute ihn mit immer schwierigeren Aufgaben, lockte ihn mit Zuckerbrot, drohte ihm mit der Peitsche. Nicht, dass ich ihn dazu gezwungen hätte, ein Kapitalverbrechen zu begehen – so weit ging ich nicht –, gefährlich waren seine Aufträge trotzdem. Eines Tages wurde er angeschossen, verhaftet und landete in einem der schlimmsten Knäste des Landes. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Wahrscheinlich ist er tot, und falls nicht, hätte er definitiv die Schnauze voll von mir. Mehr als diese Lektion liess sich für ihn nicht von mir lernen.

Der Verlust Natems machte mich total fertig. Wie bei einem Erdbeben wankte der Boden unter meinen Füssen. Ich fühlte mich permanent schwindlig, war ständig den Tränen nahe, meine Partner, Kumpel und Untergebenen verloren jede Achtung vor mir. In kürzester Zeit verlor ich meine Position. Erst wankte der Boden nur, dann brach er unter mir weg, und ich stützte im freien Fall mitten ins Herz der Finsternis.

Ich verkroch mich in ein Kellerloch. Jeder Atemzug war Qual. Der Körper ein festgezurrter Knoten. Das Hirn Flammenherd. Die Haut eine einzige eiternde Wunde. Ich ass nicht, ich schlief nicht, ich wusch mich nicht, ich trank manchmal aus Flaschen brennende Flüssigkeiten. Ich wollte sterben und wäre wohl auch gestorben, wenn sich nicht eines Tages eine Ratte zu mir gesellt hätte. Ja, eine Ratte, ein Wesen wie ich selbst. Diese Ratte, ich weiss nicht, wie und wieso, wurde da unten in meinem Kellerloch zu so etwas wie zu meinem Freund. Ich hatte das Gefühl, dass sich die Ratte mit mir unterhielt, aber das mögen Halluzinationen gewesen sein, ziemlich sicher aber sprach ich mit ihr. Die Ratte sagte, wie ich meinte, zu mir: «Du bist wie ich: ein komplexes Wesen, das sich auf diesem Planten entwickelt hat. Und doch bist du nicht ich wie ich: Ich akzeptiere alles so, wie es ist. Ich denke nicht in Alternativen; ich unterscheide nicht zwischen Sein und Zeit. Du hälst dich wechselweise für ein Opfer und für einen Bösewicht, aber beides trifft nicht den Kern deines Seins. Das sind alles Gedankenkonstrukte. Ihr Menschen überzieht alles mit einem Netz von Bewertungen, indem ihr dieses bewundert und jenes verachtet. Uns Ratten zum Beispiel bewundert kaum jemand von euch. Ja, ich weiss», unterbrach sich mein Freund, «es gibt jenen Tempel im hinduistischen Tempel Karni Mata in Indien, in dem wir Ratten als Erscheinungsform der Göttin Durga geehrt und gefüttert werden. Aber rührt uns das? Nicht im Geringsten, Es geht uns, um in eurer Menschensprache zu sprechen, am Arsch vorbei.» Da erkannte ich die Ratte – und in ihr alles Existierende – als ein mir völlig gleichwertiges, ebenbürtiges, ja überlegenes Gegenüber, und diese Erfahrung machte einen tiefen Eindruck auf mich. Man könnte es beinahe als spirituelles Erlebnis deuten. Jedenfalls bewirkte es, dass ich weiterleben wollte. Und eines Tages war mein Rattenfreund denn auch wieder verschwunden.


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