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  • AutorenbildChristian Urech

Happy New Year, Kronos!


Die Zeit hat das Jahresrad um ein Jahr vorwärts gedreht – was mich gedanklich zu Kronos treibt, dem Gott der Zeit, wunderbar dargestellt im Chindlifresserbrunnen im Bern. Denn die Zeit, nicht wahr, frisst ihre Kinder – zum Beispiel das Kind, das ich einmal war und das noch immer in mir hockt wie der Kern der Zwiebel, wenn denn die Zwiebel einen Kern haben sollten, in der Zwiebel. Chronos war, der griechischen Mythologie zufolge, der Sohn von Uranos und Gaia, von Himmel und Erde. Solange die beiden als ideales Paar vereint waren, lief alles wunderbar, und der engen Verbindung entsprossen die wunderbaren Titanen. Aber dann schob sich der Horizont zwischen Himmel und Erde, worauf der erste Sonnenuntergang – und auch der erste Sonnenaufgang – geschaffen wurde. Aber damit war es mit dem himmlischen Frieden auf Erden vorbei. Die Kinder von Gaia wurden zu hundertarmigen Monstern, was Vater Uranos nicht dulden konnte, worauf er sie mit seinem aggressiven Schwanz permanent in den Mutterleib der Gaia zurückstiess. Was für eine Qual für Gaia! Irgendwann mal war der guten Frau das Machogehabe ihres plötzlich sadistischen Gatten derart zuwider, dass sie den Chronos beauftragte, dem bösen Treiben ein Ende zu setzen. Ein liebender Sohn kann seiner Mutter eine solche Bitte wohl kaum abschlagen. Also schnitt Chronos dem Uranus den Schwanz ab und warf ihn ins Meer. Woraus die Göttin Aphrodite, die Schaumgeborene, entstand. Was ein etwas zwielichtiges Licht auf das, was wir heute Liebe nennen, wirft.

(Kronos wurde zum Herrscher der Welt und Begründer des Goldenen Zeitalters. Nach der Darstellung Hesiods wurde Kronos von seiner Schwester Rhea zum Gatten genommen. Aus Angst, selbst entmachtet zu werden, frass er jedoch alle Kinder, die aus dieser Verbindung entstanden: Hestia, Demeter, Hera, Hades und Poseidon, die Kroniden. Den jüngsten Sohn jedoch, Zeus, versteckte Rhea auf Anraten von Gaia und Uranos in der Höhle von Psychro im Dikti-Gebirge auf Kreta, während sie dem Kronos einen in eine Windel gewickelten Stein überreichte, den dieser verschlang, ohne den Betrug zu bemerken. So konnte Zeus ungestört heranwachsen. Später gelang es Zeus, seinen Vater mit List und Gewalt zu überwinden, worauf Kronos erst den Stein und dann seine verschlungenen Kinder ausspuckte. Den Stein stellte Zeus an der Kultstätte Pytho in Delphi auf, damit er dort von den Sterblichen bestaunt werde.)

Allerdings wurde damit die Macht der Zeit nicht gebrochen, sondern eher noch verstärkt. Denn wir wissen noch immer nicht, was denn die Zeit eigentlich ist.


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