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  • AutorenbildChristian Urech

Der Anfang eines Romans


Meistens hörte er Musik. Er liebte vor allem die Klänge der elektrischen Gitarre, hörte zu, wie sie wimmerten, schmeichelten, jubilierten, klagten, triumphierten, heulten, drohten und dann in die Stille verzittertern. Manchmal hörte er auch Stimmen, oft ganz nah an seinem Ohr, dann wieder weiter weg im Raum, Türen, die behutsam oder auch energisch geöffnet und geschlossen wurden. Eine Alarmglocke, die in der Ferne auf- und unterging. Gedämpfte Schritte auf dem Linoleum. Es war faszinierend, was man alles aus gedämpften Schritten auf Linoleum heraushören konnte. Die Stimmen sprachen Hochdeutsch, Schweizerdeutsch, Spanisch, Serbisch, Tagalog. Er konnte problemlos verstehen, was die Stimmen sagten, worüber er etwas erstaunt war, denn er hatte seines Wissens weder Serbisch noch Tagalog jemals gelernt. «Der arme Mann!», sagte zum Beispiel eine weibliche Stimme auf Tagalog. «Er kann einfach nicht sterben!» – «Ja, der hat wirklich Pech gehabt» – eine männliche Stimme, ebenfalls auf Tagalog, dann ein glucksendes kleines Lachen – «das heisst, eigentlich hat er ja immer noch Pech.» – «Ach komm!», die weibliche Stimme, vorwurfsvoll, «mach dich nicht auch noch lustig über ihn!» Und dann, beinahe flüsternd:«Das gibt schlechtes Karma.» Und so weiter. Die Stimmen waren dann schnell wieder weg. Meistens hörte er, wie gesagt, sowieso lieber Musik.


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